Krakau - Kraków
Das Projekt Polen führte mich Anfang Mai 2005 in eine einzigartige Stadt: Krakau. Hier war es, wo der spätere Papst Johannes Paul II jahrelang als Kardinal tätig war. Hier war es aber auch, wo die Deutschen während des 2. Weltkrieges fern ab ihrer Heimat unmenschliches taten.
Unweit des heutigen polnischen Postamtes, im Krakauer Bezirk Plasów, war es, wo einst das Arbeitslager und spätere Konzentrationslager Kraków-Plasów stand. Nur einen Steinwurf weit vom Postamt entfernt, findet man den Bahnhof Plasów, wo einst tausende Juden Richtung Auschwitz deportiert wurden. Hier war es auch, wo Oskar Schindler als Industrieeller tätig war und später "seine" Juden, die bei ihm arbeiteten, vor dem sicheren Tod in den Gaskammern von Birkenau bewahrte.

Ein kleiner Rückblick:

Als 1939 die Deutschen Polen überfielen, machte sich auch Oskar Schindler auf den Weg nach Krakau, in der Hoffnung, geschäftlich vom Krieg zu profitieren. Dank seiner Verbindungen zu Nazifunktionären erwarb er die (beschlagnahmte) Firma "Rekord" im Krakauer Stadtteil Zablocie, die er in DEF (Deutsche Emailwaren Fabrik) umbenannte. Dort stellte er Geschirr und Kochutensilien für die deutschen Truppen her.

Dank seiner Kontakte zum Militär erhielt er viele wichtige Aufträge, die es ihm erlaubten 1941 seine Fabrik zu erweitern. Zusätzlich zu den "billigen" polnischen Arbeitern, stellte er auch Juden ein. Von einer Überlebenden ist bekannt, dass Schindler sie mit folgenden Worten empfing: "Wenn Sie hier arbeiten, wird Ihnen nichts geschehen. Wenn Sie hier arbeiten, werden Sie den Krieg überleben." Das war kurz nach dem Umzug der Juden ins Ghetto.
Gedenktafel am Hauppteingang der ehemaligen "DEF"
Treppenaufgang zum einstigen Büro Oskar Schindler´s
Oskar Schindler
Die Stadt Krakau wurde von den Nazis zum Ghetto gemacht. Sie errichteten im Krakauer Stadtteil Podgórze das sogenannte "jüdische Wohnviertel". Hierher wurden 16.000 Juden verschleppt, die meisten von ihnen überlebten nicht.
Ein Stück nachgebauter Mauer des einztigen Krakauer Ghettos.
Im Frühjahr 1943 kam SS-Untersturmführer Amon Göth nach Krakau. Er hatte zuvor an der Liquidierung des Ghettos von Lublin teilgenommen, das sollte er nun auch in Krakau tun. Seine Aufgabe war aber auch, in Plaszow - am Rande von Krakau - ein Zwangsarbeiterlager (KZ) an einem Steinbruch einrichten. Das KZ Plaszow würde dann wie andere KZ´s im "Generalgouvernement" auch der "deutschen Wissenschaft" zur Verfügung stehen.

Göth's ("Schlächter von Plasów") Terrorherrschaft in Plaszow dauerte vom Februar 1943 bis September 1944.
Er regierte sein Lager in absichtlich brutaler Art und Weise. Für den geringsten Verstoß gegen die Lagerordnung oder gegen seine eigenen Vorstellungen schoss er auf Häftlinge oder erteilte einen entsprechenden Auftrag an seine SS-Männer. Öffentliches Erhängen war an der Tagesordnung. Er besaß zwei scharfe Hunde, Ralf und Rolf, die auf Häftlinge abgerichtet waren. Viele Gefangene starben durch Bisse dieser Hunde.
Immer wenn Kinder vom Lager zur Tötung abtransportiert wurden, musste das Lagerorchester Kinderlieder spielen (z.B. "Mami, kauf mir ein Pferdchen") während die Mütter hilflos zusehen mussten. Oft erschoß Göth nach dem Aufstehen Lagerinsassen vom Balkon seiner direkt am Lager gelegenden Villa.
Die Villa ist heute das letzte noch stehende Gebäude.
Blick auf das ehemalige Lager Plasów. Rechts die noch stehende Villa vom einstigen Lagerkommandanten Amon Göth.
Bei der Räuming des Krakauer Ghettos am 13.-14. März 1943 schickte die SS die meisten der Einwohner nach Auschwitz, wo sie am 16. März eintrafen. Etwa 2.000 Juden wurden in den Krakauer Straßen ermordet und auf dem Lagergelände in Plaszów in einem Massengrab verscharrt. 8.000 noch arbeitsfähige Juden mussten nach Plaszów marschieren, zur Zwangsarbeit.
Die Zahl der Häftlinge in Plaszów variierte. Vor der Räumung des Krakauer Ghettos waren ca. 2.000 Menschen in Plaszów eingesperrt. In der zweiten Jahreshälfte 1943 waren es schon 12.000, im Mai/Juni 1944 24.000, darunter 6.000-8.000 ungarische Juden.
Die Häftlinge arbeiteten im nahen Steinbruch oder aber in der Fabrik von Oskar Schindler.
Blick auf das Gelände, wo sich einst das Lager befand.
Der Steinbruch zur Zeit der Benutzung von den NAZIS. Der Steinbruch heute.
Als im Spätsommer 1944 das Lager Plaszów aufgelöst werden sollte, ließ Schindler diese Nachricht genauso resignieren wie seine Arbeiter. Aber es hielten sich Gerüchte aufrecht, dass er seine Fabrik verlegen wollte und die Arbeiter mit. Für dieses Unternehmen sollte er eine Liste erstellen, die berühmte SCHINDLERS LISTE. "Die Liste ist das verkörperte Gute,...ist das Leben. Jenseits ... der Ränder liegt das Nichts."
Allerdings gab es bei der Umsiedlung von Plasów Probleme. Ca. 800 Männer wurden statt nach Brünnlitz (dem neuen Lager) nach Groß Rosen (KZ) geschafft. Nach mehreren Tagen musste der Schreiber der Liste diese aus dem Kopf erneut anfertigen. Schlimmer traf es den Transport der Frauen. Diese wurden nach Auschwitz-Birkenau verladen. Es dauerte einige Wochen bis Schindler herausfand, wo die Frauen geblieben waren und bis er sie herausholen konnte.
Blick von unserem Büro im Postamt auf die Gleise des Bahnhofs Kraków-Plasów. Von diesen Gleisen fuhren einst tausende Menschen in den Tod nach Auschwitz-Birkenau. Heute erinnert nichts mehr daran.
Am 13. September 1944 wurde Amon Göth auf Bestreben des SS-und Polizeigerichts VI in Krakau verhaftet. Er wurde angeklagt, die Wertsachen von Juden des Lagers Plaszow, des Ghettos in Krakau und des Ghettos in Tarnow unterschlagen zu haben.

Am 14. Januar 1945, einen Tag vor der Befreiung von Krakau durch die Rote Armee, wurden die letzten Gefangenen, 178 Frauen und 2 Jungen, nach Auschwitz geschickt.

Nach dem Krieg wurde Amon Göth an Polen ausgeliefert und vor dem obersten polnischen Gerichtshof angeklagt wegen Massenmordes während der Räumungen der Ghettos in Tarnow und Kraków, des Lagers Szebnie und der Morde in Plaszów.
Er wurde am 5. September 1946 in Kraków zum Tode verurteilt und am 13. September 1946 gehängt, dabei trotzig noch den Hitlergruß ausübend. Seine Leiche wurde verbrannt und die Asche in die Weichsel geworfen.

Oskar Schindler ging nach dem Krieg für einige Jahre nach Argentinien, wo er Nutrias züchtete. 1957 kehrte er zurück nach Deutschland, wo er eine Zementfabrik übernahm. 1961 machte er bankrott. Am 09.10.1974 starb Schindler in Frankfurt a. Main. Auf seinen Wunsch hin wurde er in Jerusalem bestattet. Sein Grab liegt auf dem Berg Zion, dem katholischen Friedhof Jerusalems. "Wer auch nur ein einziges Leben rettet, rettet die ganze Welt" - dieser Talmudspruch wurde in den Ring eingraviert, den die Juden Oskar Schindler als Geschenk ihrer Rettung übergaben. Aus echtem Zahngold gemacht, war der Ring am 08.05.1945 das einzige, was sie besaßen um Schindler für ihr Leben zu danken.

Bis zum Beginn des Zweiten Weltkrieges lebten in Krakau 68.000 Juden. Nur 2.700 von ihnen überlebten.

Die jüdische Gemeinde von Kraków hat heute nur noch rund 100 Mitglieder, die jüngsten von ihnen sind zwischen 65 und 70 Jahre alt.
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